Was macht ein Vfr-Pilot, wenn Zeit und Ziel feststehen, aber das Wetter nicht mitspielt? Gleich absagen? Verschieben? Oder lässt sich die Route umplanen?
Ich hatte ein Zeitfenster von Dienstagmittag bis Freitagmittag. Dafür schon vor Wochen alle meine Buchungsrechte eingesetzt. Mein Sohn Lennart kommt im Sommer nach Brighton, an der englischen Südküste, da kann man doch schon mal zum vorab zum gucken hin. Ein schöner Anlass für mich, einen Auslandsflug zu planen und etwas mit meinem 15-jährigenSohn gemeinsam zu unternehmen. Damit die Aktion auch neben dem Fliegen Sinn macht, brauchen wir einen kompletten Tag vor Ort, also zwei Übernachtungen. Dabei hatten wir eine Reservenacht gehabt, dachte ich. Zunächst.
Dann kamen terminliche Einschränkungen. Den Freitag musste ich wegen eines unaufschiebbaren privaten Termins streichen, also bereits am Donnerstag zurück sein. Nach hinten hatten wir also keine große Reserve.
Je näher der Termin, desto verlässlicher die Wetterprognosen. Es wurde spannend. Der zweite und dritte Tag verhießen gut zu werden. Der Abflugtag sah aber nach einem Problem aus: Niedrige Wolken, Kälte, Regen oder sogar Schnee. -- Meine Planung sah einen relativ direkten Streckenverlauf in zwei Abschnitten vor. Für den ersten Teil nach Antwerpen sollte es über das Weserbergland an Hameln vorbei, dann durch oder über diverse Kontrollzonen nach Antwerpen zur Zwischenlandung. Dort gibt es eine BP-AV-Gas-Tankstelle, die unsere Karte akzeptiert und eine kleine Cafeteria. Alles ganz überschaubar. Ich war da schon einmal vor drei Jahren dort gewesen.
Von Antwerpen aus wollte ich dann über die Nord-West-Vfr-Ausflugsroute raus um dann über das COA-VOR nördlich um die Kontrollzone von Oostende zu den IFR-Punkten BULAM und VABIK
zum Dover VOR und dann weiter an Lyd vorbei zum SFD VOR,
von dort zur Landung nach Shoreham, bei Brighton.
So hatte ich mein IPAD programmiert und den Flugplan am Ostermontagabend aufgegeben. Die Wettervorhersagen für den Dienstag verschlechterten sich dann aber stündlich. Für den nächsten Tag morgens wurden unter 1000 Fuss Wolkendecke für weite Teile Deutschlands angesagt... Und die NOTAMs, die mir díe DfS schickte, waren auch eher beunruhigend. Es waren in Belgien Militär-Übungen mit Tiefflügen angesagt. FIS in Belgien und Holland soll nicht immer besetzt sein. Ansage: "Have a sharp look out!" Dazu die vielen Frequenzwechsel ab Niederrhein. Überall müsste ich wegen der niedrigen Wolken durch die Kontrollzonen und hätte keine Chance oben drüber zu fliegen. Auch die niedrigen Wolken über dem Weserbergland empfand ich als unangenehm. Positiv war aber, dass es weiter im Westen, speziell an der Kanal-Küste und in England nicht ganz so schlecht und die nächsten Tage dann gut werden sollten. -- Ich hatte eine etwas unruhige Nacht und beschloss mir alles noch einmal genau am Dienstagmorgen mit den aktuellen Wetterdaten anzusehen.
Leider verbesserten sich die Aussichten nicht. Sie wurden sogar schlechter. Deshalb hatte auch Holger, der ursprünglich noch vor unserem Abflug am Dienstagvormittag mit der ENYA fliegen wollte, seine Buchung storniert. Zuerst hatte ich mich gefreut, dass meine Reservebuchung aktiv wurde und dachte, dass ich so früher loslegen könnte. ... Aber Gafor mahnte: Alles Mike (okerfarbend) bis zum frühen Nachmittag in Norddeutschland und die TAF-Meldungen für Belgien sahen auch nicht besser aus. Erst später am Nachmittag sollte es spürbar besser werden. In England und an der Kanalküste schon etwas eher.
Als Ausweg bot sich an,eine einfachere und sichere Route zu wählen. Für den ersten Abschnitt nur norddeutsches Flachland. Im großen Bogen nördlich um Hannover herum und dann bis Stadtlohn an der holländischen Grenze für eine Zwischenlandung. -- Echt nett dort. Vernünftiger Flugplatz, freundliche Leute, gutes Restaurant zu günstigen Preisen. Landegebühr für eine SR20 gerade mal € 10,71. Ich war schon ein paar mal dort.
Von EDLS kommt man auch sehr bequem weiter bis zur Küste und muss bis dahin auch durch keine Kontrollzone. Die Wolkendecke sollte zwar aufreißen aber immer noch broken bei 2000 bis 2500ft. Deshalb habe ich vorgezogen, nicht ganz so lange über das offene Meer nach England zu fliegen sondern stattdessen lieber durch die Kontrollzone Oostende um dann nur die relativ kurze Kanalpassage bis Dover zu haben.
So habe ich dann morgens die alten Flugpläne via Antwerpen storniert und einen neuen ab Stadtlohn aufgegeben. Für den ersten Abschnitt von EDVE nach EDLS brauchte ich jetzt keinen mehr.
Als wir dann kurz nach 12 Uhr loc in Braunschweig starten konnten, gab es Schauer, Wind um die 12 Knoten aus Nord, Wolkendecke bei 1500 MSL. Ab Celle konnten wir noch etwas höher, immer so zwischen 1700 und 2000 Fuß. Ich habe dann noch etwas abkürzen können und Nienburg und die Kontrollzonen Diepholz und Bentlage nördlich liegen lassen, musste aber noch zweimal auf einen Sendemasten und ein Kraftwerk aufpassen. "Terrain advisory "des GNS 430 poppte auf. Für solche Hindernisse ist es dann doch noch ganz gut, eine altmodische Karte auf den Knien oder noch ein zweites Navi mit mehr Details für Vfr-Flieger dabei zu haben.
In EDLS waren wir dann schon nach weniger als 1 Stunde und 15 Minuten. Ein kleiner Imbiss und noch einmal ein Blick auf das Wetter. Ab hier sah alles besser aus. Und wir hatten eine Rückenwind-Komponente von 10 Knots. Beim Imbiss fiel mir noch ein, dass ich dem englischen Grenzschutz (Border Force) ja noch ein Up-Date auf meine Einreise-Daten schicken musste. Auf der Homepage www.gov.uk/government... kann man sich ein Excel-Formular runterladen, das mit allen möglichen Details zu den Pässen der Reisenden, des Flugzeuges und des geplanten Abreise und Ankunftsortes mit Uhrzeiten ausfüllen und rechtzeitig übermitteln muss.
Auf diesem Foto, das südlich von Rotterdam entstand, war schon wieder broken bei 2300 Fuss. Kurz vorher musste ich noch durch einen Schneeschauer fliegen. Ein komisches Gefühl, wenn die Schneeflocken wie Gewehrkugeln auf einen zu und unbeschädigt durch den laufenden Propeller bis zur Frontscheibe kommen... Bis Midden-Zeeland hatte ich keine Ansprachen von Dutch-Mil-Info. Allerdings habe ich auch gut aufgepasst, dass ich Abstand von den verschiedenen Kontrollzonen hielt.
Hinter dem kleinen Platz auf Zeeland habe ich mich bei Dutch-Mil ab und bei Oostende-Approach angemeldet. Die waren erst sehr locker. Einfach der Küstenlinie folgen und dann beim Hafen von Oostende sollte ich mich wieder melden. Höhe halten bei 2500 Fuß. Dann kam aber Unruhe auf. Ein Airbus war im Anflug auf die 08, also mir ziemlich entgegen bei meinem Heading von 250 Grad. Ich bekam die strikte Anweisung auf 3000 Fuß zu steigen. Kein Hinweis mehr wie sonst mit "Remain VMC". Ich dachte nur keine Diskussionen und stieg auf diese Höhe. War damit aber kurz in den Wolken, bekam dann aber gleich wieder Sicht und hatte den Airliner in Sicht, der ein Stück weit aufs Meer raus flog um dann nach einer Kurve in den Endanflug für die 08 zu gehen. Sie war dabei fast auf meiner Höhe, noch ca. 2 SM entfernt. Nichts dramatisches. So fliegen wir auch beim Anflug auf EDDV. Aber man muss eben voll konzentriert sein.
Danach verlief alles unspektakulär. Nach Passieren der Maschine bat ich "Request direct KONAN", dem auch sofort stattgegeben wurde. Kurz vor KONAN, dem Wegepunkt auf der Grenze der Zuständigkeiten wurde ich von Oostende Approach auf London Information verwiesen. Kurz hinter Dover VOR wurde ich dann an Lydd-Approach weitergeleitet und bekam das dort übliche Squak 1177. Inzwischen hatten wir gute Sicht, aber noch scattered so bei 2500 Fuß. Das ist noch nicht weit von den Untergrenzen der Militärgebiete um Lydd, da stellen die Engländer lieber gleich volltständige 2-Wege-Kommunikation her. Bei meinem Rückflug war man aufgrund der Flughöhe von 4000 Fuß großzügiger. --- 10 NM hinter Lydd wurde ich dann auf Farnborough Radar verwiesen, die für mich bis kurz vor Brighton zuständig waren.
Für Shoreham (EGKA) hatte ich keine Landekarten im Evidyne MFD der Enya gefunden. Aber dafür eine Papier- Annäherungs- und Landekarte auf den Knien. -- Etwas verwirrend , wenn man erstmalig dorthin kommt. Es gibt 4 gekreuzte Landebahnen, davon 3 aus Gras und eine (02/20) asphaltiert. recht lang mit 1.036m aber verhältnismäßig schmal mit nur 18m (zum Vergleich: Ballenstedt hat 30m).
Für den Flug von Stadtlohn bis Shoreham brauchten wir gerade 2 Std. 9 Minuten. Es hatte alles gut geklappt, trotz der schwierigen Wetterverhältnisse. Ich war mit mir und der Entscheidung, die Abschnitte und die Route umzuplanen, zufrieden.
Angekommen in Shoreham, mussten wir uns erst einmal ein Hotel suchen. Meine Erfahrung ist, dass man sich lieber nicht vorher zuviel Gedanken macht, sondern nach der Ankunft über das Internet erst sucht. Wenn nicht gerade Hochsaison ist, gibt es dann sogar noch ganz interessante Sonderangebote. So auch diesmal. Wir fanden ein modernes Hotel, ganz in der Nähe der Altstadt, schräg gegenüber der Pier als Sonderangebot.
Am nächsten Tag hatten wir bestes Wetter und konnten Brighton umfassend mit einem Familien-Tages-Bus-Ticket abfahren und so viel von der Stadt, Jachthafen und Umgebung gesehen. Wir bekamen auch eine Sonderführung durch die Ferienschule, so dass Lennart jetzt schon besser weiß, was auf ihn zukommt. Am Donnerstag ging es dann um 11 Uhr wieder mit dem Taxi zurück zum Flugplatz, dort hat man auch eine BP-Avgas-Tankstelle, allerdings ohne Automat für unsere Karte. Die Tank- und Vorfeld-Crew war aber sehr beweglich, als ich mit ihnen beim Auschecken sprach. Man machte sich nur eine Fotokopie der Karte und ich musste dann nach dem Tanken nur noch auf dem Tankbeleg unterschreiben.
Der Rückflug bei bestem Wetter war herrlich und einfach. Es lohnt sich übrigens über dem Wasser nicht zu hoch zu steigen. Für Vfr-Flieger gibt es enge Grenzen. Über FL 65 beginnt Luftraum Alpha. Im belgischen Luftraum holt man uns dann auch noch weiter auf 4000 Fuß oder tiefer runter. Da kann das Wetter auch noch so gut sein.
In Holland gab es keinen Kontakt mit Dutch-Mil-Info. Schon den Notams konnte man entnehmen, dass es dort Personalmangel gibt und man sich dann eben selbst behelfen muss. Man hört aber mit, wer sich so alles meldet und versucht mit Dutch-Mil in Kontakt zu treten. Manchmal gibt es auch Tipps von den Fliegern untereinander auf der Frequenz. --- Im deutschen Luftraum war dann wieder alles wie gewohnt.
Noch vor weit vor 18h Local waren wir wieder in Braunschweig. Eigentlich hatte jemand eine Reservebuchung für die Zeit. Wir hatten uns auch entsprechend verabredet. Ich weiß nicht, warum es dann nicht klappte. Vielleicht weil er auf die ok-Meldung aus dem System wartete? Leider konnte ich wegen technischer Schwierigkeiten die laufende Buchung nicht kürzen.
Für Lennart und mich war es eine schöner Vater-Sohn-Ausflug. Klasse, dass das trotz unserer aktuell knappen Flugzeugkapazität für uns möglich wurde. Dafür mein Dank an alle Vereinsmitglieder!